Fußball: DFL scheitert mit Beschwerde gegen Polizeigebühren

Profivereine müssen sich bei Hochrisikospielen an den Kosten für Polizeieinsätze beteiligen. Eine Verfassungsbeschwerde dagegen wies das Bundesverfassungsgericht ab.

Aktualisiert am 14. Januar 2025, 12:39 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, Reuters, dpa, AFP, SID,

, mmh

Ihr Browser unterstützt die Wiedergabe von Audio Dateien nicht. Download der Datei als mp3: https://zon-speechbert-production.s3.eu-central-1.amazonaws.com/articles/9aa3c2c0-20bb-4e15-81cd-3ee7b6a55b86/full_f1e5c100c916bb9c337969a39bc63cbf6a16699de26640623508bd981a866630395ac1c7a53f4308cf28b11dfb08894c.mp3

732 Kommentare

Neu

Fußball: Fanmarsch von Anhängern des Clubs Hannover 96
Fußball: Fanmarsch von Anhängern des Clubs Hannover 96

Fanmarsch von Anhängern des Clubs Hannover 96 © Moritz Frankenberg/​dpa

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) ist im Streit um eine Beteiligung der Dachorganisation an den Polizeikosten für Hochrisikospiele am Bundesverfassungsgericht gescheitert. Ihre Verfassungsbeschwerde gegen eine entsprechende Regelung aus Bremen blieb ohne Erfolg, wie der Erste Senat in Karlsruhe verkündete.

Die Hansestadt hatte bereits 2014 beschlossen, dass sich die Veranstalter von Profifußballspielen an den Mehrkosten beteiligen müssen, die bei erhöhten Polizeieinsätzen bei Hochrisikospielen entstehen. Die Gebühr wird bei allen Großveranstaltungen fällig, die gewinnorientiert sind, mehr als 5.000 Teilnehmer haben und bei denen es erfahrungsgemäß zu Gewalt kommen kann.

Der erste Kostenbescheid über 425.000 Euro war 2015 für ein Spiel zwischen Werder Bremen und dem Hamburger SV fällig geworden. Inzwischen hat sich die insgesamt geforderte Summe durch andere Partien auf mehr als drei Millionen Euro erhöht, die die DFL aber nur unter Vorbehalt und teilweise bezahlte.

Weitere Bundesländer könnten Gebühren erheben

Der Ligaverband hatte vor mehreren Gerichtsinstanzen gegen die Bescheide geklagt, das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erklärte die Regelung aber schon 2019 für rechtmäßig. Die vom Bundesverfassungsgericht abgewiesene Verfassungsbeschwerde bezog sich auf die Entscheidung von 2019.

Die DFL argumentierte, in dem Bremer Gesetz fehle es an einer abgrenzbaren Leistung der Stadt Bremen, die man ihr zurechnen könne – was verfassungsrechtliche Voraussetzung für eine Erhebung von Gebühren sei. Für den erforderlichen Polizeieinsatz seien zudem einzelne Störer verantwortlich und nicht die Fußballorganisation.

Interaktive Tools und Rechner

Ob andere Bundesländer dem Bremer Beispiel folgen werden, ist unklar. Auf die Profivereine kämen dann deutlich mehr Gebühren zu. Mehrere Bundesländer warteten bislang die Entscheidung des Verfassungsgerichts ab und könnten nun selbst Gebühren erheben.

Konsequenzen des Urteils laut DFL noch nicht absehbar

Die DFL hält die Folgen des Urteils zu den Polizeikosten bei Bundesligaspielen für den Profifußball für noch nicht absehbar. Die Konsequenzen würden sich erst in den kommenden Wochen und Monaten zeigen, hieß es vonseiten der DFL. "Leider ist uns das Bundesverfassungsgericht (...) nicht gefolgt. Das ist für uns natürlich enttäuschend. Aber das ist so zu akzeptieren", sagte Bernd Hoefer, Rechtsanwalt der Dachorganisation der 1. und 2. Bundesliga.

Das Fanbündnis Unsere Kurve äußerte sich bestürzt über das Urteil. In einer Stellungnahme warnte das Bündnis, dass die Entscheidung Deutschland langfristig erheblich schaden könnte. Die öffentliche Sicherheit sei eine staatliche Aufgabe. Gleichzeitig teilte das Bündnis mit, dass der Profifußball mit Steuereinnahmen von 1,6 Milliarden Euro einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung dieser Aufgabe leiste.

Für den Bündnisvorsitzenden Jost Peters ist es jetzt "zwingend notwendig, dass den Clubs Entscheidungsbefugnisse in der polizeilichen Einsatzplanung eingeräumt werden und überdimensionierte Polizeieinsätze ein Ende finden". Thomas Kessen, Sprecher von Unsere Kurve, forderte zudem, das Urteil müsse auf alle öffentlichen Großveranstaltungen ausgeweitet werden, etwa auf das Münchner Oktoberfest oder den Kölner Karneval.

Zustimmung aus der Deutschen Polizeigewerkschaft

Eine "angemessene Beteiligung an den Kosten über eine Gebühr" sei "richtig und notwendig", sagte der stellvertretende Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft Heiko Teggatz. Somit könne den Einsatzkräften dieses Geld auch wieder zugutekommen. "Es kann nicht sein, dass jeder Bürger für kleinste Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung mit teilweise drastischen Gebühren zur Kasse gebeten wird, aber die milliardenschwere DFL die Arbeit Zigtausender Polizeikräfte geschenkt bekommt."

Der SPD-Innensenator in Bremen, Ulrich Mäurer, bezeichnete die Entscheidung als "voll befriedigend, da bleibt nichts offen". Dies zeige, dass es sich zu kämpfen lohne. Mäurer forderte zudem, einen Fonds einzurichten, "dann muss nicht jedes Land einzeln eine Gebührenordnung einführen".

Philip Krämer (Grüne), Bundestagsabgeordneter und stellvertretender Vorsitzender des Sportausschusses, sagte: "Ich bin weiterhin der Ansicht, dass grundsätzlich die Aufrechterhaltung der Sicherheit im öffentlichen Raum zu den Kernaufgaben des Staates gehört. Dieses Verständnis wurde nun durch eine Kostenbeteiligung der DFL bei Hochrisikospielen erweitert."

Von Niedersachsens Innen- und Sportministerin Daniela Behrens (SPD) hieß es, man werde um Gebühren nicht umhinkommen, wenn sich "an der Situation auch weiterhin keine nachhaltigen Verbesserungen" ergeben würden. "Neben den Bemühungen, die wir dazu im engen Dialog mit den Vereinen und der Polizei ergreifen, habe ich die klare Erwartungshaltung, dass der DFB und die DFL das Thema Sicherheit im Stadion endlich ernst nehmen, ihre bestehenden Regularien durchsetzen und zeitnah weitere Vorschläge zur Reduzierung der Gewalt präsentieren."